Antrag auf Buchwertfortführung bald durch Beschluss möglich?

Ausübung von Bewertungswahlrechten

Im Bereich von Unternehmensumstrukturierungen (z.B. Umwandlungen, Einbringungen) haben sich der übertragende und der übernehmende Rechtsträger regelmäßig mit der Frage zu beschäftigen, mit welchen Werten das übergehende Vermögen angesetzt werden soll. Im Grundsatz führt die Übertragung von Vermögen zwischen verschiedenen Rechtsträgern zur vollen Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven. Davon abweichend kann durch fristgerechten Antrag gegenüber der Finanzbehörde auch die Fortführung der Buchwerte beantragt werden, wenn und soweit die gesetzlich normierten Voraussetzungen erfüllt sind. Durch die Fortführung der Buchwerte wird eine Besteuerung der stillen Reserven vermieden.

Der Antrag auf Buchwertfortführung ist – in Abhängigkeit des gewählten Umwandlungsvorgangs – entweder durch den übertragenden oder den übernehmenden Rechtsträger zu stellen. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form, ist jedoch spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz zu stellen. Die rechtzeitige Antragstellung zur Fortführung der Buchwerte ist von entscheidender Bedeutung, um die Steuerneutralität einer Umwandlung oder Einbringung zu erreichen. 

Antragsausübung durch konkludentes Handeln

Das FG Niedersachsen hatte in einem jüngst ergangenen Urteil über die Frage zu entscheiden, ob ein Antrag auf Fortführung der Buchwerte auch konkludent erfolgen könne. Im Streitfall ging es um die Beurteilung von Verschmelzungssachverhalten, bei denen die entsprechenden Verschmelzungsbeschlüsse bereits konkrete Ausführungen zur beabsichtigten Fortführung der Buchwerte enthielten. Die Verschmelzungsbeschlüsse sahen insbesondere folgende Regelungen vor:

„Die Verschmelzung erfolgt nach § 3 Abs. 2 UmwStG zu den steuerlichen Buchwerten (…). Der Antrag auf Buchwertübertragung wird hiermit gestellt.“ 

Das FG Niedersachsen sah darin einen konkludenten Antrag auf Buchwertfortführung und verneinte in der Folge die Erforderlichkeit einer weiteren Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Nach Auffassung des FG sei der Antrag auf Buchwertfortführung mit der Übersendung des Verschmelzungsbeschlusses an das Finanzamt erfüllt worden. 

Revisionsverfahren beim BFH

Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil des FG Niedersachsen Revision beim BFH eingelegt. Der BFH wird sich alsbald mit der Frage beschäftigen müssen, ob die innerhalb eines Verschmelzungsbeschlusses enthaltenen steuerlichen Regelungen bereits als ein an das Finanzamt gerichteter Antrag auf Buchwertfortführung angesehen werden können. Sollte der BFH diese Rechtsauffassung bestätigen, kann ein in Beschlüssen zum Ausdruck gebrachter Wille zur Fortführung der Buchwerte einen gegebenenfalls nicht hinreichend konkretisiert oder nicht fristgerecht gestellten ausdrücklichen Antrag auf Buchwertfortführung ersetzen, um die Steuerneutralität der Umwandlung weiterhin sicherzustellen. Auf einen fristgerechten sowie ausdrücklichen Antrag an das Finanzamt sollte jedoch weiterhin nicht verzichtet werden. 

FG Niedersachsen, Urteil vom 22.12.2022 – 7 K 105/18, Revision BFH IV R 3/23

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